Bargeldlose Zahlungswelt – am Rande des Digitalinfarkts

von | 24. Juni 2025

Kassenschock beim Stromausfall. Eine Kasse piept, das Licht zuckt – dann Stille. Genau so begann der Blackout, der im April weite Teile der iberischen Halbinsel lahmlegte. Ohne Strom waren Karten­terminals nur noch Plastikklötze, Türen standen still, Menschen blickten hilflos auf gefrorene Einkäufe. Wer ein paar Scheine im Portemonnaie trug, dachte Glück zu haben, aber auch die Kasse streikte ohne Strom.

Die ehemalige norwegische Justiz­ministerin Emilie Mehl brachte das Dilemma auf den Punkt:

„Wenn niemand mehr bar bezahlt und niemand mehr Bargeld annimmt, ist Bargeld im Krisenfall keine echte Notfall­lösung mehr.“ (Vgl. The Guardian)

Bargeld – als physische Noten und Münzen außerhalb des Bank­systems – braucht weder Funkmast noch Server­farm. Diese analoge Eigenständigkeit macht es zum Rettungs­ring, wenn digitale Zahnräder klemmen – aber nur, wenn es noch die entsprechende Infrastruktur dafür gibt.

Der verborgene Muskel der Resilienz

Digitale Zahlungs­netze sind filigran wie Glasfasern: Sie blitzen im Sonnen­licht, zersplittern aber im nächsten Temperatur­schock. Als 2024 ein fehler­haftes Software-Update von CrowdStrike weltweit Rechner abstürzen ließ, erinnerten Zahlungs­forscher wie Ron Delnevo daran, dass es „immer Ausfälle geben wird“ – und ohne Alternative breche das ganze System gleich mit zusammen (Vgl. The Guardian). In der Risiko­forschung heißt die Fähigkeit, nach einer Störung weich zurück­zufedern, Resilienz. Geldnoten und Münzen bringen sie serien­mäßig mit; sie funktionieren ohne Cloud-Login und ohne Batterie.

Kurzer Sprung nach Großbritannien

Nach 13 Jahren hat Uber den Briten endlich das verdiente Recht eingeräumt, bar zu zahlen! Zeit für ⁦@Keir_Starmer⁩, dafür zu sorgen, dass ALLE britischen Unternehmen dasselbe tun!
„Uber führt Barzahlungsoption für Fahrgäste im Vereinigten Königreich ein“

Ein Beispiel, dass Veränderungen in die gute Richtung möglich sind.

Schwedens Cash-Déjà-vu

Schweden träumte lange vom Total-Digital. Heute laufen dort neun von zehn Käufen über Karte oder Swish, die Handy-App der Großbanken. Doch seit dem Krieg zwischen Russland und der Ukraine malt man sich in Stockholm Cyber­szenarien aus: Ein Hacker legt das Netz lahm – und plötzlich wird das bargeld­lose Utopia zum Risiko. Die Regierung verschickte daher den Krisen­ratgeber „Om krisen eller kriget kommer“ („Wenn die Krise oder der Krieg kommt“) und rät jedem Haushalt, mindestens eine Woche Bargeld in gemischten Scheinen bereit­zuhalten. (Vgl. Cash Matters)

Ethereum-Mitgründer Vitalik Buterin scheint am liebsten Ethereum als Bargeldersetz zu sehen:

„Die nordischen Länder rudern beim bargeldlosen Experiment zurück … Cash erweist sich als notwendiges Backup. Ethereum muss widerstands­fähig und privat genug sein, um eine ähnliche Rolle zu spielen.“ (Vgl. X)

Buterins Vorstellung scheitert derzeit bereits daran, dass alle Transaktionen von Ether an ein funktionierendes Stromnetz gebunden sind – lediglich ein Szenario über Satellit mit dem Strom aus Batterien und Notstromaggregaten ist denkbar. Also nicht wirklich eine Alternative zu Bargeld.

Offline-E-Cash und die Phantommünze

Allerdings fasziniert die Idee eines „Offline-Coins“, der ohne Netz auskommt, die Entwickler. Yash Kalash vom Centre for International Governance Innovation sieht darin eine Pflicht­übung der nächsten Jahre:

„Die Möglichkeit von Militär- und Cyber­angriffen macht Offline-Zahlungen zu einer absoluten Notwendigkeit – nicht nur zu einer Frage des Komforts.“ (Vgl. Cointelegraph)

Gleichzeitig bremst das klassische Double-Spend-Problem. Dabei geht es darum, eine digitale Münze daran zu hindern, sich klonen zu lassen. Keir Finlow-Bates, CEO der finnischen Blockchain-Schmiede Chainfrog, beschreibt es so:

„Wie bringt man eine digitale Konstruktion dazu, sich wie ein physisches Objekt zu verhalten, das nur einer zur selben Zeit besitzen kann?“ (Vgl. Cointelegraph)

Solange keine skalierbare, privat­sphären­schonende Lösung existiert – Kalash rechnet mit drei bis fünf Jahren – bleibt Bargeld der unverwüstliche Platzhalter.

Darmanin vs. die Schweizer Lektion

Während Schwedens Regierung ihre Bürger zum Bargeld­vorrat ermutigt, fordert Frankreichs Justiz­minister Gérald Darmanin ein radikales Gegen­stück: Er würde Bargeld am liebsten abschaffen, um Drogen­handel trockenzulegen.

„Das Ende des Bargelds wird die Straßen­märkte stoppen.“ (Vgl. BFMTV)

Kaum 400 Kilometer östlich zieht die Schweiz die Notbremse in die andere Richtung: Ihr Parlament verankert Bar­geld als Verfassungs­gut und garantiert, dass Noten und Münzen „immer in ausreichender Menge verfügbar“ bleiben. (Vgl. Swissinfo) Zwei Nachbarn, zwei diametral entgegengesetzte Rezepte – eine Einladung, genauer hinzusehen, wem Bargeld eigentlich nutzt und wem es im Weg steht.

Privatsphäre als unsichtbares Kapital

Jeder Kartenbenutzung wirft digitale Schatten, die sich zu lücken­losen Bewegungs­profilen verdichten. Barzahlungen bleiben hier weitgehend unsichtbar. Selbst die Europäische Zentralbank musste in ihrem jüngsten Zwischen­bericht zum Digital­en Euro eingestehen, dass echte Offline-Privat­sphäre erst noch gebaut werden muss. (Vgl. EZB-Bericht) Solange kryptografische Null-Wissen-Beweise und sichere Hardware nur Prototypen sind, liefert Bargeld in deiner Tasche den besten Tarn­schirm.

Moa Petersén von der Universität Lund warnt vor allem vor der sozialen Kluft:

„Das fortschreitende Verschwinden von Bargeld trifft verletzliche Gruppen überproportional und drängt sie weiter an den Rand.“ (Vgl. Cointelegraph)

Wer heute Scheine im Umlauf hält, hält damit auch gesellschaftlichen Kitt geschmeidig.

Mehrwert im Portemonnaie

Die haptische Erfahrung, einen Schein aus der Tasche zu lösen, senkt nachweislich Spontan­käufe – dein Budget atmet. Jede Barzahlung lässt Daten­händler ins Leere laufen und schützt dein Einkaufs­profil. Und nicht zuletzt erdet das Gewicht der Münzen: Ein kleiner sensorischer Anker in einer Welt aus Touchscreens und Push-Nachrichten.

Vielleicht verbindet uns Bargeld mehr, als wir glauben: Oft tauschen wir es direkt von Hand zu Hand – mit der Chance auf einen kurzen menschlichen Moment. Solche Begegnungen sind die stillen Bausteine jenes fragilen Netzes, das wir Zusammenleben nennen.

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