Nigeria geriet bereits wegen des Scheiterns seiner digitalen Zentralbankwährung in die Schlagzeilen – ebenso wegen seines ständigen Hin und Hers in der Haltung zu Kryptowährungen. Doch es geht noch eine Stufe weiter: Nigeria macht nun Binance für die katastrophale Entwicklung seiner Landeswährung, der Naira, verantwortlich und hat zwei Mitarbeiter des Unternehmens verhaftet.
Allerdings ist auch Binance, wie aus anderen Ländern bekannt, kein unbeschriebenes Blatt. Im Fall Nigeria bestreitet das Unternehmen die Rechtmäßigkeit der Anklagezustellung – obwohl diese per E-Mail zuging, nachweislich angekommen ist und die Anwälte des Unternehmens vor Gericht erschienen sind.
Der nächste Gerichtstermin wurde auf den 12. Mai angesetzt. Wie sich die Situation weiterentwickeln wird, bleibt derzeit völlig offen.
Nigerias Regierung gibt Binance die Schuld für eigenes Missmanagement
Nicholas Anthony – 11. April 2024
Die nigerianische Währung stürzt ab – wegen finanzpolitischen Missmanagements. Nun sind zwei Mitarbeiter von Binance in den Fokus der Regierung geraten, die offenbar verzweifelt einen Sündenbock sucht.
Die Naira [nigerianische Landeswährung] verliert rapide an Wert, und viele Nigerianer suchen nach Alternativen. Doch anstatt eigene Fehler einzugestehen, sucht die nigerianische Regierung die Schuld bei anderen. In diesem Zusammenhang hat sie Binance für den Absturz der Naira verantwortlich gemacht und zwei Mitarbeiter des Unternehmens inhaftiert.
Was den Wert der Naira betrifft, ist es höchste Zeit, dass die nigerianische Regierung Verantwortung für ihr langjähriges Missmanagement übernimmt. Besser noch wäre es, wenn sie endlich Währungskonkurrenz zulassen würde.
Obwohl die Naira schon seit Jahren abwertet, eskalierten die Spannungen im Februar mit dem jüngsten Währungscrash. Damals beschuldigte Bayo Onanuga – Berater von Präsident Bola Tinubu für Information und Strategie – die Bürger Nigerias der Unpatriotischkeit, weil sie die Naira gegen Kryptowährungen eintauschten. Er erklärte:
„Krypto sollte in unserem Land verboten werden, sonst wird das Ausbluten unserer Währung unvermindert weitergehen.“
Daraufhin warf die Regierung Binance vor, 26 Milliarden US-Dollar illegal aus dem Land geschafft zu haben, und lud das Unternehmen ein, Mitarbeiter zur Klärung zu entsenden. Binance schickte daraufhin zwei Angestellte – Tigran Gambaryan und Nadeem Anjarwalla. Die Behörden reagierten mit Hausarrest für beide. Anjarwalla gelang die Flucht, doch Gambaryan – ein US-amerikanischer Staatsbürger und ehemaliger Mitarbeiter des Internal Revenue Service (IRS) [US-amerikanische Bundessteuerbehörde] – befindet sich weiterhin in Nigeria. Beiden werden nun Steuerhinterziehung, Geldwäsche und das Erbringen nicht lizenzierter Finanzdienstleistungen vorgeworfen.
Dieses Verhalten ist bei Regierungsvertretern weltweit leider keine Seltenheit. Anstatt Geld zu schaffen, dem die Menschen freiwillig vertrauen, errichten viele Regierungen lieber Beschränkungen, um ihre Bürger an eine schwache Währung zu binden.

Monetary policy rate = Leitzins
Inflation rate (YoY) = Inflationsrate (Jahr für Jahr)
Top of inflation-target range = Obergrenze des Inflationsziel-Korridors
Die Inflationsrate der Naira lag im März 2024 auf dem höchsten Stand seit 28 Jahren. Quelle: Bloomberg
Wie der Nobelpreisträger F.A. Hayek bereits 1976 erklärte, ist eines der Hauptziele von Währungskonkurrenz „die bestehenden monetären und finanziellen Institutionen einer … dringend benötigten Disziplin zu unterwerfen, indem es ihnen unmöglich gemacht wird, eine Art von Geld herauszugeben, die wesentlich unzuverlässiger und unbrauchbarer ist als die anderer Anbieter.“
Vor diesem Hintergrund ist es wenig überraschend, dass sich viele Nigerianer Kryptowährungen – insbesondere sogenannten Stablecoins – zugewandt haben, um Zugang zum US-Dollar zu erhalten. Die Regierung hat ein unzuverlässiges Wertaufbewahrungsmittel geliefert, woraufhin die Bevölkerung bessere Alternativen gesucht hat.
Durch die Einführung von Beschränkungen gegen diese Alternativen verschärft die Regierung ihre Fehler nur noch. Sie verkennt, dass die Nutzung von Kryptowährungen ein Symptom und keine Ursache für das Versagen der Naira ist. Die Regierung straft ihre eigenen Bürger ab, indem sie sie auf einem sinkenden Schiff festhält.

Laut einer Studie von CoinGecko zeigte Nigeria im Jahr 2023 größeres Interesse an Kryptowährungen als jedes andere Land in Afrika. Quelle: CoinGecko
Auch international wirft das Vorgehen kein gutes Licht auf Nigeria. In den letzten Jahren hat die Regierung eine digitale Zentralbankwährung eingeführt, eine Bargeldknappheit verursacht, Kryptowährungen verboten, das Verbot wieder aufgehoben, den Zugang zu Kryptobörsen blockiert, ausländische Staatsbürger festgenommen und erwägt nun erneut ein Krypto-Verbot.
Egal ob Entwickler von Kryptowährungen, Handelsplattformen oder klassische Finanzunternehmen – viele dürften zunehmend zögern, in Nigeria Geschäfte zu machen. Diese Investitionszurückhaltung wird sich erneut negativ auf die Bürger auswirken – als Folge politischer Fehler.
Die nigerianische Regierung braucht dringend die Disziplin, die durch Konkurrenz entsteht.
Der erste Schritt zur Verantwortung für das Missmanagement der Naira ist, den Markt – und nur den Markt – über den Wechselkurs der Naira entscheiden zu lassen. Die ständig wechselnden Preisvorgaben der Regierung haben die Wirtschaft stark beschädigt. Wäre der Wechselkurs nicht so stark von der Regierung kontrolliert worden, hätte man Binance vermutlich gar nicht beschuldigt, den Kurs manipuliert zu haben.
Außerdem sollte Nigeria seine digitale Zentralbankwährung abschaffen. Berichten zufolge hat die Zentralbank große Summen für die Entwicklung, Reparatur und Neuentwicklung der CBDC ausgegeben. Diese Zeit und Energie wäre besser in die Naira investiert worden – zumal die CBDC erst durch eine staatlich verursachte Bargeldknappheit auf über 1 Prozent Nutzung kam.
Noch einmal zurück zu Hayek im Jahr 1976:
„Sobald es gelingt, sich von dem allgemein, wenn auch stillschweigend akzeptierten Dogma zu befreien, dass ein Land von seiner Regierung mit einer eigenen, einzigartigen und exklusiven Währung versorgt werden muss, ergeben sich plötzlich viele interessante Fragen, die bislang nie untersucht wurden.“
Wie ihre Nutzung von Kryptowährungen zeigt, haben die Bürger Nigerias längst erkannt, was Hayek meinte. Die einzige offene Frage ist, ob auch die Regierung diesen Schritt gehen wird.
Die Regierung kann an ihrem jahrelangen Währungs-Missmanagement festhalten – oder sie kann den Wettbewerb zulassen und versuchen, eine Währung zu schaffen, die die Bürger wirklich nutzen wollen.
Quelle: Cointelegraph
Binance-Manager in Kenia aufgespürt – Auslieferung im Gange
Amaka Nwaokocha – 14. April 2024
Die nigerianische Regierung arbeitet mit Interpol und der kenianischen Polizei zusammen, um Arjarwalla nach Nigeria zurückzubringen und ihn mit den gegen ihn erhobenen Vorwürfen zu konfrontieren.
Die nigerianische Regierung hat den flüchtigen Binance-Manager Nadeem Arjarwalla in Kenia aufgespürt und bereitet derzeit seine Auslieferung nach Nigeria vor.
Wie die lokale Nachrichtenplattform Punch berichtet, gaben Quellen aus dem Umfeld des nigerianischen Präsidialamts an, Arjarwalla sei nach seiner Ankunft in Kenia untergetaucht. (Vgl. Punch)
Die Regierung Nigerias arbeitet nun gemeinsam mit Interpol und der kenianischen Polizei daran, Arjarwalla zurückzuholen, damit er sich den gegen ihn erhobenen Anschuldigungen stellen kann.
Arjarwalla war im Februar nach Nigeria gereist, nachdem Vorwürfe laut geworden waren, dass die Kryptobörse Binance den Kurs der Landeswährung, der Naira, manipuliert habe. Nach einem Treffen mit der Regierung wurde er zusammen mit einem weiteren Binance-Manager festgesetzt.
Die Economic and Financial Crime Commission (EFCC) [nigerianische Kommission zur Bekämpfung von Wirtschafts- und Finanzkriminalität] leitet die Ermittlungen und hat Binance sowie beiden Managern fünf Anklagepunkte wegen Geldwäsche vorgeworfen. Arjarwalla konnte jedoch Berichten zufolge am 22. März aus dem Gewahrsam fliehen und einen Flug aus der nigerianischen Hauptstadt Abuja besteigen.
Er soll mit einer Fluglinie aus dem Nahen Osten ausgeflogen sein. Unklar ist allerdings, wie er das Land verlassen konnte, da sein britischer Reisepass – mit dem er nach Nigeria eingereist war – sich weiterhin in der Obhut der nigerianischen Behörden befindet.
Ein Mitarbeiter der Einwanderungsbehörde erklärte, Arjarwalla habe Nigeria mit einem kenianischen Pass verlassen. Nun werde untersucht, wie er an diesen Pass gelangen konnte, da ihm während der Haft keine weiteren Reisedokumente zur Verfügung standen.
Während Arjarwalla sich weiterhin im Ausland befindet, hat der zweite Binance-Manager, Tigran Gambaryan, auf „nicht schuldig“ plädiert. Seine Ehefrau und andere Unterstützer fordern inzwischen seine Freilassung. Gambaryans Frau hat eine Petition zur Rückführung ihres Mannes in die Vereinigten Staaten gestartet, die zum Zeitpunkt der Veröffentlichung 3.373 Unterschriften zählte. (Vgl. Change.org) Der Fall Gambaryan ist vorerst bis zum 19. April vertagt worden.
Am 5. März kündigte Binance an, sich vollständig aus dem Naira-Markt zurückzuziehen und alle Transaktionen mit der Währung einzustellen. Bereits Ende Februar hatte die Peer-to-Peer-Plattform von Binance sämtliche Naira-Handelspaare entfernt.
Am 27. Februar hatte der Gouverneur der Zentralbank von Nigeria erklärt, dass Kryptobörsen im Verdacht stünden, illegale Transaktionen abzuwickeln. Dabei verwies er insbesondere auf „verdächtige Geldflüsse“ bei Binance.
Quelle: Cointelegraph
79,5-Milliarden-Dollar-Klage: Nigerias Regierung und Binance streiten über Zustellung der Gerichtsdokumente
Deborah Musa – 2. Mai 2025
Die nigerianische Bundesregierung und Binance Holdings Limited stehen sich in einem Rechtsstreit gegenüber, bei dem es um die Zustellung von Gerichtsdokumenten in einer laufenden Klage über 79,5 Milliarden US-Dollar geht. Die Klage richtet sich gegen die Kryptoplattform und zwei ihrer Führungskräfte.
Der Federal Inland Revenue Service (FIRS) [nigerianische Steuerbehörde], der die Klage vor dem Bundesgericht in Abuja eingereicht hat, besteht darauf, die rechtlichen Unterlagen ordnungsgemäß per Ersatz-Zustellung übermittelt zu haben. Binance hingegen stellt die Gültigkeit dieser Zustellung infrage.
Die Klage mit dem Aktenzeichen FHC/ABJ/CS/1444/2024 wirft Binance und ihren Verantwortlichen – Tigran Gambaryan und Nadeem Arjarwalla – vor, wirtschaftliche Schäden in Höhe von 79,5 Milliarden US-Dollar durch unregulierte Kryptoaktivitäten in Nigeria verursacht zu haben.

Binance -Manager, Tigran Gambaryan
Der vorsitzende Richter, Inyang Ekwo, hatte dem FIRS zuvor erlaubt, die Zustellung per Ersatz-Zustellung vorzunehmen – konkret über die E-Mail-Adresse von Eleanor Hughes, der Chefjustiziarin von Binance. Grundlage dafür war ein ex-parte-Antrag von FIRS-Anwalt Kanu Agabi (SAN) [Senior Advocate of Nigeria – Titel für besonders erfahrene Anwälte].
Binance beantragt nun, diesen Beschluss aufzuheben.
In ihrem Antrag argumentiert die Firma, dass die Ersatz-Zustellung „unrechtmäßig“ erfolgt sei und nicht den rechtlichen Anforderungen entspreche.
In einer Gegenverfügung bezeichnete der FIRS die Einwände von Binance jedoch als „falsch und irreführend“ und forderte das Gericht auf, diese vollständig zurückzuweisen.
Die Behörde betonte, dass Hughes eine leitende Angestellte des Unternehmens sei und zuvor bereits rechtliche Vertretung in Nigeria über dieselbe E-Mail-Adresse autorisiert habe.
„Die Zustellung der Gerichtsdokumente an Binance über Eleanor Hughes ist gemäß der Gerichtsordnung gültig,“ so die Behörde. „Sie hat bereits offizielle Korrespondenz mit der Bundesregierung über genau diese E-Mail-Adresse geführt.“
FIRS verwies außerdem darauf, dass Hughes am 5. März 2024 die Kanzlei Aluko & Oyebode autorisiert habe, Binance in einer Untersuchung der Economic and Financial Crimes Commission (EFCC) [nigerianische Behörde zur Bekämpfung von Finanzkriminalität] zu vertreten.
Zudem stellt die Steuerbehörde den rechtlichen Status von Binance infrage und bezweifelt die Angabe, das Unternehmen sei auf den Cayman Islands registriert und dort ansässig. FIRS führte an, Binance habe bisher weder ein Gründungszertifikat von den Cayman Islands noch eine überprüfbare Adresse vorgelegt – agiere jedoch weiterhin mit erheblicher wirtschaftlicher Präsenz in Nigeria.
Auch erinnerte FIRS daran, dass die Zustellung an Tigran Gambaryan – der sich zu dem Zeitpunkt in Untersuchungshaft im Kuje Correctional Centre befand – auf dessen Anweisung an Aluko & Oyebode weitergeleitet wurde. Die Kanzlei verweigerte jedoch die Annahme, da keine formelle Beauftragung vorliege.
Nichtsdestotrotz argumentierte FIRS, Binance sei sich des Gerichtsverfahrens völlig bewusst gewesen und habe seine Anwälte bereits unterrichtet, die auch vor Gericht erschienen seien.
Die Behörde betonte, das Unternehmen habe nicht nachgewiesen, dass durch die Ersatz-Zustellung ein Justizirrtum entstanden sei.
Richter Ekwo vertagte die Verhandlung auf den 12. Mai, um den Antrag von Binance zur Aufhebung der Ersatz-Zustellung zu prüfen.
Quelle: Punch
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