MiCA: Europas Krypto-Versprechen – und was es uns wirklich bringt

von | 28. Mai 2025

Es klingt wie ein Schritt nach vorn: Mit der „Markets in Crypto-Assets Regulation“ – kurz MiCA – will die Europäische Union eine gemeinsame Ordnung schaffen für das, was bisher in einem halblegalen Zwischenraum existierte. Krypto-Assets, also digitale Vermögenswerte wie Bitcoin, Ethereum oder Stablecoins, sollen durch MiCA einen festen Platz in der europäischen Finanzwelt bekommen. Mit klaren Regeln, verbindlichen Vorgaben, einem einheitlichen Markt.

Was auf dem Papier vielleicht wie eine wegweisende Entscheidung aussieht, scheint in der Praxis eher wie ein Rückschritt zu, außer in Richtung Kontrolle. Denn dadurch, dass Brüssel den rechtlichen Rahmen enger zieht, verlieren viele Akteure in der Krypto-Szene ihre Bewegungsfreiheit. Und die EU – das zeigt sich immer mehr – riskiert, ihre Rolle im globalen Wettbewerb zu verspielen.

Klarheit, aber zu welchem Preis?

MiCA will Ordnung schaffen. Und das gelingt ihr zweifellos: Unternehmen wissen jetzt, welche Lizenzen sie benötigen, welche Kapitalanforderungen gelten, wie die Sicherheit der Kundengelder geregelt werden muss. Für Verbraucher soll das ein Gewinn sein – Transparenz, Schutz vor Betrug, klare Verantwortlichkeiten. Das Vertrauen soll gestärkt werden.

Aber Innovation braucht vor allem auch Raum, um sich zu entfalten. Sie braucht Experimentierfreude, Risikobereitschaft und eine Regulierung, die atmen kann. MiCA hingegen ist in vielen Punkten zu detailliert, zu technokratisch, zu vorsichtig, und ist dadurch eher eine Hürde. Und das, was Investoren anziehen könnte, schreckt sie eher ab.

Ein Beispiel: Stablecoins. Diese digitalen Währungen sind fest an den Wert eines realen Vermögenswertes – etwa den US-Dollar oder Euro – gekoppelt. Sie ermöglichen schnelle, grenzüberschreitende Zahlungen, bilden Rückgratfunktionen für DeFi-Plattformen (dezentrale Finanzdienste) und gelten als zukunftsweisendes Instrument für globale Kapitalflüsse. Doch MiCA macht es schwer, sie in Europa zu betreiben. Hohe Anforderungen an Eigenkapital, strenge Liquiditätsregeln und das Verbot von Zinsmodellen machen Stablecoins in der EU unattraktiv. Tether-CEO Paolo Ardoino sieht sogar große Risiken, weil große Teile der Reserven, die den Stablecoin stützen, auf europäischen Bankkonten zu halten ist.

„Die Silicon Valley Bank ging pleite – das wissen wir alle, und unser Hauptkonkurrent stand kurz vor dem Aus“, erklärte Ardoino.

„Ich denke, wir haben ein sehr, sehr aktuelles Beispiel dafür, warum das eine schlechte Idee ist.“ (Vgl. LegitimCrypto)

Tether, das bisher keine MiCA-Lizenz anstrebt, wurde von den Kryptobörsen delistet, was bedeutet, dass der größte Stablecoin in der EU nur noch über selbstgehostete Wallets handelbar ist.

Innovationskraft auf dem Rückzug

Die Auswirkungen sind spürbar. Weitere Projekte – darunter auch das ambitionierte Stablecoin-Vorhaben von Ethena Labs – haben ihre Pläne für Europa begraben. Sie konzentrieren sich nun auf Märkte wie die USA oder Singapur, wo zwar auch Regulierung herrscht, diese aber mit mehr unternehmerischer Freiheit kombiniert ist. Die EU hingegen wirkt wie eine Architektur, die vor allem verhindern will – nicht fördern.

Ein weiteres Beispiel: Tokenisierung. Also die Idee, reale Vermögenswerte – Immobilien, Aktien, Anleihen – digital abzubilden, zu handeln und automatisiert abzuwickeln. Hier gäbe es in Europa eigentlich enormes Potenzial. Unternehmen wie 21X oder AllUnity arbeiten bereits an Lösungen, die international Beachtung finden. Doch die regulatorischen Rahmenbedingungen, etwa das sogenannte DLT-Pilotregime (Distributed Ledger Technology Pilot Regime), sind so eng gefasst, dass sie kaum Skalierung erlauben. Tokenisierte Märkte bleiben Insellösungen – von einem echten Kapitalmarkt 2.0 ist Europa meilenweit entfernt.

Selbst bei Ethereum, dem technologischen Fundament vieler Blockchain-Projekte, zeigt sich die Schwäche: Obwohl das Netzwerk seine Wurzeln in Berlin hat, entschied sich die Ethereum-Stiftung für die Schweiz. Dort, nicht in der EU, fand sie den nötigen regulatorischen Freiraum, um zu wachsen. Dieses Muster wiederholt sich immer wieder: Talente und Kapital wandern ab – nach Austin, Dubai, Singapur.

Was bedeutet MiCA für dich persönlich?

Für dich als Verbraucher bringt MiCA zunächst eine begrenzte Sicherheit. Wenn du Kryptowährungen kaufst, kannst du davon ausgehen, dass die Anbieter lizenziert sind, dass deine Einlagen geschützt sind und keine willkürlichen Geschäftsbedingungen gelten. Erkauft wird das durch ein Konto bei einer zentralisierten Börse und dem komplett überwacht werden.

Auf innovative Produkte musst du verzichten, etwa neue Stablecoin-Modelle, automatisierte Investmentstrategien oder globale DeFi-Angebote, die durch MiCA erschwert oder sogar verboten werden. Möchtest du solche Coins und Token handeln, musst du auf dezentralisierte Möglichkeiten zurückgreifen.
Deine Auswahl an EU-geregelten Kryptowährungen wird durch die MiCA kleiner, nicht größer. Und so wie es derzeit aussieht, werden wohl die spannendsten Entwicklungen in Zukunft nicht mehr aus Europa kommen.

Für Gründer und Entwickler in der Krypto-Welt bedeutet MiCA eine doppelte Herausforderung: Einerseits schafft die Verordnung endlich Klarheit – ein langersehntes Ziel. Andererseits ist der Aufwand, um eine MiCA-konforme Lizenz zu erhalten, enorm. Die Bürokratie ist dicht, die rechtlichen Risiken hoch. Für junge Unternehmen ist das kaum zu stemmen – und viele entscheiden sich daher gegen Europa.

Ein Korsett für den globalen Wettbewerb

Das größte Problem an MiCA ist vielleicht nicht, was sie tut – sondern was sie verhindert. Während die USA gerade dabei sind, ein eigenes, vergleichsweise unternehmerfreundliches Krypto-Gesetz zu entwickeln, zementiert Europa seinen Kontrollanspruch. Statt Wettbewerb zu ermöglichen, will man ihn begrenzen. Statt Märkte zu öffnen, schließt man sie – zumindest teilweise.

Das zeigt sich besonders drastisch am Umgang mit Stablecoins wie den angesprochenen USDT von Tether oder USDC von Circle. Diese gehören zu den liquidesten Vermögenswerten der Welt. Während diese in Europa wegen nicht vorhandener MiCA-Lizenz nicht mehr auf Börsen gelistet sind, wird gleichzeitig der digitale Euro als Alternative präsentiert – doch dieser ist komplett zentralisiert mit Programmierungsmöglichkeiten, die bis hin zu einem Social Credit System führen können – aber bereits ohne das, ist ganz klar, dass es vor allem ein politisches Projekt mit starker Überwachungsstruktur ist. Ob er je marktfähig wird, ist fraglich – wobei die starke Verbindung zur Politik es erlauben, ihn vielleicht gesetzlich vorschreiben zu lassen.

Ein anderes Thema ist jenes der Liquidität. Die MiCA zwingt ausländische Börsen dazu, ihre Handelsinfrastruktur in Europa zu etablieren, wenn sie hier aktiv sein wollen. Das klingt zunächst sinnvoll, dass wenn sie in der EU agieren, auch ihre Handelsinfrastruktur in der EU haben. Doch da sich Liquidität nicht lokal erzwingen lässt, bleiben viele Anbieter lieber Broker statt echte Börsen zu werden. Die Wertschöpfung findet weiterhin anderswo statt. Europa bleibt Konsument, nicht Gestalter.

Wie geht die Reise weiter?

MiCA wird als Erfolg verkauft. Endlich einheitliche Regeln, endlich ein Signal an Investoren, dass Europa es ernst meint mit dem digitalen Finanzmarkt. Doch wer nur ein bisschen genauer hinsieht, erkennt gravierende Mängel und etwas, das in einem sich so schnell entwickelnden Markt, wie der der digitalen Vermögenswerte essenziell ist, aber fehlt: Flexibilität.

Die interessanten Projekte, die großen Ideen, die mutigen Gründer – sie werden sich andere Orte suchen. Länder, die das Risiko nicht fürchten, sondern gestalten – und von denen gibt es weltweit genug.

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