Wie der GENIUS Act in den USA Stablecoins zur Konzernwährung macht

von | 3. Juli 2025

Der Genius Act. Schon der Name klingt vielversprechend – fast visionär. Wer sich allerdings Zeit nimmt und hinter die juristischen Fassaden schaut, entdeckt mehr als nur eine neue Ordnung für digitale Zahlungsmittel. Es ist ein Gesetz, das nicht nur Klarheit in einen wachsenden Markt bringt, sondern auch neue Machtstrukturen schafft – weitgehend unbeachtet und erstaunlich einseitig. Was auf den ersten Blick wie ein Fortschritt erscheint, entpuppt sich bei genauerem Hinsehen als hochgradig asymmetrische Verschiebung: weg von öffentlichen Institutionen, hin zu privaten Konzernen mit Sonderrechten.

Stablecoins sind digitale Währungen, die an reale Währungen – meist den US-Dollar – gekoppelt sind. Im Gegensatz zu Bitcoin oder Ethereum sind sie weitgehend wertstabil. Genau das macht sie so attraktiv für Handel, Überweisungen oder als Wertspeicher in der volatilen Welt der Kryptowährungen. Doch Stabilität hat ihren Preis – besonders, wenn sie politisch und wirtschaftlich gelenkt wird.

Der Genius Act, beschlossen am 17. Juni 2025, regelt erstmals auf Bundesebene in den USA, wer Stablecoins herausgeben darf und wie diese abgesichert sein müssen. Nur ausgewählte Institute – Banken oder besonders zugelassene Unternehmen – dürfen künftig mitspielen. Sie müssen jeden digitalen Dollar vollständig mit echten Reserven decken. Das klingt sicher. Doch genau hier beginnt der kritische Teil dieser Entwicklung.

Die Kernpunkte des Genius Act auf einen Blick

  • Nur autorisierte Emittenten dürfen Stablecoins ausgeben – entweder regulierte Banken oder speziell zugelassene Nicht-Banken.
  • Jeder Stablecoin muss zu 100 % mit US-Dollar oder sehr kurzfristigen US-Staatsanleihen (maximal 93 Tage Restlaufzeit) gedeckt sein.
  • Monatliche Transparenzberichte über die Reservebestände sind verpflichtend.
  • Ab einem Volumen von über 10 Milliarden US-Dollar sind jährliche externe Wirtschaftsprüfungen vorgeschrieben.
  • Im Insolvenzfall haben Stablecoin-Inhaber Vorrang vor anderen Gläubigern.
  • Eine nationale Genehmigungsstelle entscheidet über Zulassungen und beaufsichtigt alle Emittenten.

Diese Maßnahmen sollen Vertrauen schaffen – doch sie konzentrieren auch Macht in wenigen Händen.

Was Kontrolle bedeutet, wenn sie aus der Mitte verschwindet

In der Theorie bringt der Genius Act Transparenz. Die Herausgeber müssen regelmäßig Bericht erstatten. Große Emissionen müssen geprüft werden. Soweit, so nachvollziehbar. Doch wer entscheidet eigentlich, wer überhaupt Stablecoins herausgeben darf? Wer sitzt an den Hebeln der Kontrolle?

Diese Entscheidungen trifft keine neutrale Instanz, sondern ein engmaschiges Geflecht aus Finanzministerium, Aufsichtsbehörden und Lobbygruppen. Das Kriterium, ob ein Unternehmen zugelassen wird, ist nicht öffentlich nachvollziehbar. Es sind keine offenen Ausschreibungen, sondern exklusive Vergaben. Die Folge: Der Markt wird in die Hände weniger großer Player gelegt – Visa, JPMorgan oder Fidelity werden wohl zu den ersten Profiteuren gehören.

Stablecoins, so stabil sie auch erscheinen mögen, verlieren damit etwas Wesentliches: ihre Offenheit. Während Krypto ursprünglich als dezentrale Bewegung begann – getragen von der Idee, Kontrolle zurück in die Hände der Nutzer zu geben – verwandeln sich diese digitalen Dollar unter dem Genius Act in Werkzeuge zentralisierter Infrastruktur. Der Zugriff auf diese Infrastruktur bleibt ein Privileg – verwaltet von Konzernen, abgesegnet von Behörden.

Was das für dich bedeutet – heute schon

Vielleicht denkst du, dass das alles weit weg ist. Dass Stablecoins ein Thema für Trader sind, für Krypto-Profis. Doch die Realität sieht anders aus. Stablecoins breiten sich rasant aus – nicht nur als Zahlungsmittel, sondern als Bestandteil von Sparmodellen, Kreditplattformen, automatisierten Zahlungsdiensten und sogar als Mittel für Überweisungen in Entwicklungsländer. Sie sind schnell, kostengünstig und weltweit nutzbar.

Du könntest sie morgen in deiner App finden – als Option, Geld zu versenden, Rechnungen zu bezahlen oder deine Ersparnisse zu halten. Vielleicht nutzt du sie, ohne es zu merken. Doch anders als Bargeld oder Bankguthaben sind Stablecoins technisches Eigentum ihrer Herausgeber. Das bedeutet: Sie können gesperrt werden. Transaktionen können verweigert werden. Nutzer können ausgeschlossen werden – und zwar ohne langwierige juristische Verfahren.

Der Genius Act legalisiert dieses Machtverhältnis. Er schützt nicht dich als Nutzer – sondern die Struktur dahinter. Zwar ist vorgesehen, dass im Insolvenzfall die Kunden Vorrang gegenüber anderen Gläubigern haben. Doch wie realistisch ist es, dass du in einem solchen Szenario deine Rechte auch durchsetzen kannst?

Die unsichtbare Grenze zwischen Vertrauen und Abhängigkeit

Was passiert, wenn digitale Infrastruktur zur Voraussetzung für gesellschaftliche Teilhabe wird? Wenn ein Zugang zur eigenen Wallet entscheidet, ob du eine Überweisung tätigen, ein Abo bezahlen oder deinen Arzttermin buchen kannst? In einer Welt, die zunehmend digital funktioniert, wird das Zahlungsmittel zur Eintrittskarte.

Stablecoins unter staatlich genehmigter Konzernkontrolle sind mehr als nur ein neues Zahlungsmittel. Sie sind Teil eines größeren Rahmens – einer Bewegung hin zu kontrollierten, nachverfolgbaren, jederzeit modifizierbaren Werten. Die Möglichkeit, Transaktionen zu verhindern oder zu beschränken, wird so zur politischen Waffe. Ob du auf einer „Blacklist“ landest, hängt dann nicht mehr von einem Gerichtsurteil ab – sondern von Richtlinien, die du nicht kennst.

Wenn du deine Unabhängigkeit bewahren möchtest, reicht es nicht, den Komfort zu genießen. Du musst die Bedingungen kennen, unter denen dieser Komfort gewährt wird. Und du musst bereit sein, Alternativen zu prüfen – nicht aus Misstrauen, sondern aus Selbstachtung.

Der Genius Act als Test für unsere Wachheit

Dieser Moment, in dem ein Gesetz wie der Genius Act verabschiedet wird, ist ein stiller Test. Nicht nur für die Demokratie, sondern auch für uns als Gesellschaft. Wie sehr schauen wir noch hin? Wie schnell geben wir Verantwortung ab, wenn die Gegenleistung angenehm erscheint?

Natürlich – es gibt gute Gründe für Regulierung. Die Vergangenheit hat gezeigt, wie schnell instabile Stablecoin-Projekte wie Terra kollabieren können. Doch Regulierung bedeutet nicht automatisch Vertrauen. Sie kann auch zur Tarnung von Machtstrukturen werden. Sie kann als Fassade dienen – gerade dann, wenn alles offiziell und geordnet wirkt.

Quellen: Geldhelden, Sullivan & Cromwell

Empfehlungen:

Telegram Logo „Bye Bye Staat & Hallo Freiheit“
Abonniere jetzt LegitimCrypto auf Telegram!

Legitim-Newsletter

 

Abonniere den Newsletter,


um die wichtigsten Updates per E-Mail zu erhalten!

Du hast dich erfolgreich angemeldet - danke!